#dunkbar - Nr. 15: Wolfgang Ockert - Unterwegs als Schiedsrichter auf dem internationalen Parkett

Montag, 27. November 2023

#dunkbar - Nr. 15: Wolfgang Ockert und seine internationale Schiedsrichter-Karriere

In der 15. Ausgabe von #dunkbar bringt euch BVSA-Referent Paul Haring die nächste ehrenamtlich tätige Person aus unserer Basketball-Familie im traditionellem Interviewformat näher. Auf diesem Wege möchten wir weiterhin einen wichtigen Teil zur Anerkennungskultur des Ehrenamts im BVSA beitragen und Euch Personen näherbringen, die Ihr vielleicht noch nicht persönlich getroffen habt oder die Euch nur aus Spielberichten, dem Saisonheft oder E-Mail-Verteilern bekannt sind. Außerdem wird #dunkbar auch Einblicke in die unterschiedlichsten Aufgabenfelder von Ehrenamtlichen gewähren und ihre ganz persönliche Geschichte schildern.Gerne können Personen für diese Kategorie bei der BVSA-Geschäftsstelle vorgeschlagen werden.

Ockert in der 1. BBL der Männer in Bayreuth 1995 / © Wolfgang Ockert
Ockert in der 1. BBL der Männer in Bayreuth 1995 / © Dietrich Strech

Wie bist du zu deinem Ehrenamt gekommen? Wer hat dich angeworben?

Das war eigentlich ganz einfach. Ich habe in der Grundschule Basketball gespielt, das war auf der POS Kröllwitz beim Verein TSG Kröllwitz. 1968 bin ich dann auf das Thomas Müntzer Gymnasium gewechselt und setzte das Basketballspielen dort fort. Mein damaliger Sportlehrer Siegfried Käsebier sagte zu mir, dass ich kein vernünftiger Spieler werden würde. Er gab mir eine Pfeife und meinte, dass ich dann wenigstens ein vernünftiger Schiedsrichter werden sollte. Siegfried Käsebier war damals schon ein sehr erfolgreicher Schiedsrichter, und er veranstaltete Kampfrichter- und Schiedsrichterausbildungen, an welchen ich dann auch teilnahm. 1969 hatte ich somit die erste Schiedsrichterlizenz, die C-Lizenz.

Wie sah dein Ehrenamt aus? Aus welchen Aufgaben setzte es sich zusammen?

Meine Haupttätigkeit war die des Schiedsrichters. Ich fing an, Nachwuchsspiele zu pfeifen und bald folgten die ersten internationalen Vergleiche im Jugendbereich. Ich arbeitete mich hoch und legte meine B-Lizenz im April 1972 ab. Damit konnte ich dann in der 2. DDR-Liga aktiv pfeifen. Von November 1972 bis Mai 1974 pausierte ich unfreiwillig, da ich meinen NVA-Dienst absolvieren musste. Ich fand aber nach der Pause gut wieder ins Spielgeschehen und 1976 erlangte ich die A-Lizenz und leitete fortan 1. Liga Spiele der Herren. Nachdem ich mehre Jahre auch Länderspiele pfiff und mich auf internationalen Fortbildungen der FIBA weiterqualifiziert hatte, erreichte ich 1987 die internationale FIBA-Lizenz nach einem Lehrgang in Danzig. 1988 erhielt ich dann die erste Europa-Pokal-Ansetzung. Spannend war auch die Zeit des Mauerfalls und dem Beitritt des DBV hin zum DBB. Ab 1990/91 war ich Bestandteil des Bundesliga Schiedsrichter Kaders. Für die folgenden 9 Jahre war ich der einzige DDR-Schiedsrichter, der BBL-Spiele leitete. Mein letztes Spiel hatte ich am 07.05.2000, damals Berlin vs. Bonn.

Ich muss bei all dem aber auch noch erwähnen, dass es damals in Halle gute Voraussetzungen bzw. Bedingungen für Schiedsrichter gab, gerade mit internationalen Schiedsrichtern wie Siegfried Käsebier.
Zum Ehrenamt ist noch zu sagen, dass ich für ein Jahr (Saison 1991/92) noch die Funktion des BVSA-Vorsitzes ausgeübt habe. Dort sah meine Arbeit vorrangig so aus, die Interessen und Geschicke des Verbandes und des DBBs zu vertreten.
Mein zeitlich letztes Ehrenamt war die Schiedsrichter-Betreuung bei Bundesliga Spielen der Gisa Lions MBC in der DBBL.

Ockert als Schiedsrichter in der DDR Oberliga Männer / © Wolfgang Ockert
Ockert als Schiedsrichter in der DDR Oberliga Männer / © Wolfgang Ockert

Wie viel Zeit investierst du?

Grundsätzlich waren die Wochenenden immer mit Basketball gefüllt. In der Zeit des DBV (DDR) waren es im Schnitt 65 – 70 Spiele die Saison. Später in der Basketball Bundesliga 20 – 30 Spiele. Dazu kamen in der ganzen Zeit noch ca. 300 internationale Spiele weiblich und männlich. Schätzungsweise habe ich in meiner Karriere um die 1.600 Spiele gepfiffen.
Wenn man so einen Job neben seiner eigentlichen Arbeit hat, braucht man viel Verständnis innerhalb der Familie.

Was macht dir Spaß und was ärgert dich?

Durch meine Tätigkeit als Schiedsrichter habe ich gute Freunde kennengelernt. Die Basketballwelt ist voller unterschiedlichster Menschen und manche habe ich eben als Freunde gewinnen können.
Dann ist natürlich die Stimmung in vollen Hallen einfach großartig. Diese Atmosphäre innerhalb der Hallen macht wirklich was mit einem. Zwar waren die Hallen noch nicht so groß und voll mit Zuschauern wie vergleichsweiße heute. Aber eine ausverkaufte Max-Schmeling-Halle ist trotzdem eindrucksvoll.

Schön waren auch die Erlebnisse neben dem Spielfeld. Begegnungen und Gespräche nach dem Spiel waren immer eine Besonderheit, welche mir positiv in Erinnerung bleiben. Rückblickend betrachtet war die ganze Zeit eine sehr intensive aber auch eine spannende. 

Mit der Schiedsrichterei ist das wie mit dem Beruf. Da gibt es viele Herausforderungen, Positives und Negatives. Was mich geärgert hat war beispielsweise die gewisse Ignoranz des DBB beim Zusammenschluss bzw. Beitritt des DBV hin zum Deutschen Basketball Bund. Ebenfalls erinnere ich mich negativ an einige Bundesliga Mannschaften, welche den Schiedsrichtern gegenüber eine sehr schlechte Stimmung entgegenbrachten. Da wurden einem manchmal Sachen auf dem Nachhauseweg gewünscht, die ich lieber nicht wiederholen möchte. Das war immer sehr schade, da es sehr viele Teams gab, bei denen das Pfeifen mehr Spaß gemacht hat und die Grundstimmung einfach deutlich besser war. Aber so ist das in der Schiedsrichtertätigkeit: Da gibt es Teams, die leichter zu händeln sind und solche, bei denen es schwieriger ist.

Verbandstag Vereinigung DBV und DBB 1991; Ockert hinten rechts / © Wolfgang Ockert
Verbandstag Vereinigung DBV und DBB 1991; Ockert hinten rechts / © Wolfgang Ockert

Was machst du eigentlich neben dem Basketballfeld?

Ich habe früher im Vertrieb bei L’Oréal gearbeitet und war dort als Außendienstmitarbeiter tätig. Später dann bin ich zum Vertriebsleiter Ost aufgestiegen.

Ansonsten habe ich eine Familie, eine Tochter und einen Hund, mit denen ich meine Freizeit gerne verbringe. Damals in meiner aktiven Schiedsrichterkarriere kamen zusätzlich noch verschiedenste Fitness-Trainings dazu. Genau wie die Spieler mussten wir Schiedsrichter körperlich auch fit sein. Innerhalb der Saison standen dann nämlich 2 Athletik-Tests, ausgerichtet vom DBB an.

Warum Basketball? Oder könntest du dir eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem anderen Genre vorstellen?

Grundsätzlich denke ich, dass Sport vom Ehrenamt lebt. Eine ehrenamtliche Tätigkeit könnte ich mir auch in einem anderen Themengebiet vorstellen. Nun spielt der Basketball aber mein ganzes Leben immer schon eine große Rolle und deshalb bleibe ich auch dabei.

Wenn du einen Wunsch für den Basketball in Sachsen-Anhalt frei hättest, wie würde dieser lauten?

Mein Wunsch wäre, dass Basketballspieler, welche die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Coach, Schiedsrichter oder Kampfrichter haben, diese Herausforderung annehmen und sich zusätzlich neben dem eigenen Spiel noch in einer anderen Tätigkeit engagieren. Wir brauchen mehr Schiedsrichter, Trainer und Kampfrichter. Optimal wäre es, einen großen Pool zu schaffen, auf den man zurückgreifen kann. So könnte man gegen den Schiedsrichter-Mangel vorgehen. Dazu muss aber gezielt ausgebildet werden. 

Ich erinnere mich, dass es früher immer 2 Lehrgänge gab, wo Schiedsrichter und Kampfrichter ausgebildet wurden. So hatte man am Ende 50 – 60 neu Ausgebildete. Ausbildungen müssen wieder intensiviert werden und dann muss eine gezielte Förderung für Nachwuchstalente erfolgen. Auch die höher qualifizierten Schiedsrichter sollten fördern, um mit neuen Talenten zu arbeiten und diese zu entwickeln.

Ockert (re. SR) in der 1. BBL der Männer in Bayreuth 1996 / © Wolfgang Ockert
Ockert (re. SR) in der 1. BBL der Männer in Bayreuth 1996 / © Wolfgang Ockert

Was ist so toll daran, Schiedsrichter zu sein bzw. warum würdest du es weiterempfehlen?

Durch die Schiedsrichterei findet ganz automatisch nebenbei eine Persönlichkeitsentwicklung statt. Jedes Spiel ist anders, das ist ja das Großartige. In jedem Spiel ist man mit den unterschiedlichsten Personen im Kontakt und man muss mit diesen zwangsläufig interagieren. Also lernt man, wie man mit unterschiedlichen Menschen umgeht.

Man lernt auch kritikfähig zu sein bzw. zu werden. In jedem Spiel passieren Fehler. Es gibt nicht „das perfekte Spiel“ und so muss man lernen, mit eigenen Fehlern umzugehen. Man erlangt auch eine gewisse Reife, die in allen Lebenslagen bereichernd ist. Grundsätzlich findet eine Entwicklung mit einem statt, wenn man Sport treibt. Man lernt, mit Sieg und Niederlage umzugehen. Wie gesagt: Niemand macht keine Fehler.

Meine Empfehlung an alle aufsteigenden Schiedsrichter: Nehmt euch Vorbilder. Mein Vorbild war Siegfried Käsebier. 

Lieber Wolfgang, alles Gute für dich!

Du bist und bleibst immer ein Teil des Basketballs in Sachsen-Anhalt. Danke für deine Arbeit!

Paul Haring Referent für Schiedsrichterwesen und Öffentlichkeitsarbeit E-Mail: paul.haring@bvsa.de

Tags: Szene News Blog Übersicht

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